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Wucher beim Mobilfunkbetreiber?

Dieses Thema ist schon mehrfach diskutiert worden, ich muß aber dazu meinen Senf noch abgeben. Es geht um die drastischen Preisunterschiede bei der mobilen Nutzung des Internet, auch Paketdatenübertragung per GPRS/UMTS genannt.

Man kann zunächst die Frage stellen, was ist ein „sittenwidriges Geschäft” bzw. was ist „Wucher”? Unser Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gibt uns dazu eine Antwort im
§ 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher
(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Hm, hilft erst mal nicht viel weiter. Also von „Zwangslage”, „Unerfahrenheit” und „Mangel an Urteilsvermögen” will ich ja bei der Nutzung von Mobilfunkdienstleistungen nicht reden. Und die „guten Sitten”? Dazu gibt es sicher genug Gerichtsurteile, immerhin wird von „Sittenwidrigkeit” ausgegangen, wenn der marktübliche Zinssatzes um mehr als 100% überschritten wird.

Bei unseren Nachbarn in Österreich gibt es wohl eine verbindlichere Regelung im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch:
§ 934. Hat bey zweyseitig verbindlichen Geschäften ein Theil nicht einmahl die Hälfte dessen, was er dem andern gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Werthe erhalten; so räumt das Gesetz dem verletzten Theile das Recht ein, die Aufhebung und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Dem andern Theile steht aber bevor, das Geschäft dadurch aufrecht zu erhalten, daß er den Abgang bis zum gemeinen Werthe zu ersetzen bereit ist. Das Mißverhältniß des Werthes wird nach dem Zeitpuncte des geschlossenen Geschäftes bestimmt.

Nun gut, reiten wir nicht auf den Gesetzen herum, stellen wir doch einfach mal die Frage:

Ist es sittenwidrig, wenn ich für eine Ware das 120-fache (12000%) des Preises zahlen muß, den ich für eine vergleichbare Ware bei einem anderen Anbieter zahle oder ist das üblicher Wettbewerb?

Wer sich jetzt fragt, ob die Zahlen wohl stimmen, der gehe in den nächsten Aldi Markt seines Vertrauens und kaufe sich eine ALDI Talk SIM Karte. Die Übertragung von 1 GB1 Daten kostet dann 240 EUR. Wenn man dann die gleiche Menge Daten in einem langjährigen Vertragstarif von The Phone House im Netz von Vodafone überträgt, werden rund 29000 EUR (in Worten: neunundzwanzigtausend Euro) auf der Mobilfunkrechnung erscheinen.

Wie beantworten wir nun die Frage? Wir sollten hier vielleicht kein sittenwidriges Verhalten annehmen, denn es gibt zwei wesentliche Unterschiede, die die Leistungen nicht vergleichbar machen:

  1. Bei Aldi handelt es sich um ein Prepaid-Angebot, während die Preise bei The Phone House für einen Kunden gelten, der einen Vertrag abgeschlossen hat und dem Unternehmen über viele Jahre treu geblieben ist.
  2. Das Vodafone Netz ist besser ausgebaut und ermöglicht an vielen Stellen höhere Datenübertragungsraten als das von ALDI-Talk genutzte Netz von e-plus. Die 29000 EUR kann man also viel schneller ausgeben als die 240 EUR.

Hinweis: Ich habe hier nur von den Preisen gesprochen, die fällig werden, wenn man keinen besonderen Vertrag zur Paketdatenübertragung abschließt. Auch bei Phonehouse/Vodafone kann man eine sogenannte Flatrate buchen und zu einem monatlichen Festpreis von rund 35 EUR mindestens 5 GB Daten übertragen. Aber dann steigt ja das Preisverhältnis weiter auf 410000% (4100-fach)...

Hinweis 2: Ironie ist im Artikel enthalten, wurde aber nicht markiert und muß selbst gefunden werden.


1 Die Umrechnungen zwischen Kilobyte, Megabyte und Gigabyte sind nicht ganz korrekt. Der Einfachheit halber und um die Zahlen nicht noch größer aussehen zu lassen, habe ich hier den Umrechnungsfaktor 1000 verwendet.




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